arbitsrecht caritas

Das kirchliche Arbeitsrecht ist ein vergleichsweise junges Teilgebiet des Arbeitsrechts. Es gilt nicht nur für die Arbeitnehmer/-innen in der Kirchenverwaltung und den Kirchengemeinden/-kreisen sondern vor allem auch in den Einrichtungen der Diakonie und Caritas.

Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung garantiert den Kirchen und anderen Religionsgesellschaften ein Selbstbestimmungsrecht, welches auch das Recht umfasst, ihr Dienst- und Arbeitsrecht autonom zu regeln. Träger des Selbstbestimmungsrechts sind dabei nicht nur die Kirchen selbst, sondern sämtliche ihnen zugeordnete Einrichtungen ohne Rücksicht auf deren Rechtsform, sofern diese nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe nach berufen sind, „ein Stück Auftrag der Kirche in dieser Welt wahrzunehmen und zuerfüllen“. (BVerfG vom 11.10.1977 zum, Az.: 2 BvR 209/76), hierzu zählen insbesondere die Einrichtung der Diakonie und der Caritas. Allerdings können die Religionsgesellschaften sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben der Gestaltungsmittel des staatlichen Rechts bedienen, etwa durch den Abschluß von Arbeitsverträgen. Dann haben auch sie das für alle geltende Gesetz zu beachten (BAGE 30, 247), so dass arbeitsvertragliche Streitigkeiten kirchlicher Bediensteter gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG der staatlichen Arbeitsgerichtsbarkeit unterliegen (BAGE 51, 238, 242).

Eigenständige arbeitsrechtliche Regelungen haben die Kirchen vor allem im Rahmen des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts und des sog. „Dritten Weges“ geschaffen. Unter dem sog. „Dritten Weg“ ist die kollektive Rechtsetzung der Arbeitsbedingungen durch kirchliche Gremien zu verstehen, welche i.d.R. paritätisch mit gewählten Mitarbeitervertretern, Mitarbeiterverbänden oder Gewerkschaften einerseits und Vertretern der Dienstgeber andererseits besetzt sind. Können sich diese sog. Arbeitsrechtlichen Kommissionen nicht einigen, liegt das Letztentscheidungsrecht bei einem Schlichtungsausschuss. Das Verfahren der Rechtssetzung im Rahmen des „Dritten Weges“ ist in den verschiedenen Landeskirchen nicht einheitlich geregelt, so dass z.T. gravierende Unterschiede bestehen. Nach der Rechtsprechung des BAG kann das kirchliche Recht allerdings keine normative Wirkung (wie bei Tarifverträgen) von kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen anordnen (vgl. dazu BAG vom 08.06.2005, NZA 2006, 611, 616). Frau Rechtsanwältin Assmann vertritt und berät seit 2002 die Dienstnehmerseite der Arbeitsrechtlichen Kommission des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz.

Die Übernahme des staatlichen Tarifrechts wird als dem Wesen des kirchlichen Dienstes widersprechend in den meisten Landeskirchen grundsätzlich abgelehnt. Die Landeskirchen Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und Nordelbien gehen den Weg des Tarifvertrages. Tarifvertragspartner sind in der Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz neben Verdi und GEW auch die GKD, Gewerkschaft Kirche und Diakonie, deren Mitglieder wir seit 1992 beraten und vor den kirchlichen und staatlichen Gerichten vertreten. Auch mit der AGMV, der Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen besteht ein Beratervertrag auf Grund dessen wir Mitarbeitervertretungen der dem Diakonischen Werk angeschlossenen Einrichtungen kostenlos für eine (telefonische) Erstberatung zur Verfügung stehen.

Stellt man auf die Zahl der Arbeitnehmer ab, die im kirchlichen Dienst stehen, so erscheinen die Kirchen mit rund 1,5 Mio. Arbeitnehmern nach dem Staat als zweitgrößter Arbeitgeber. Die meisten Beschäftigten sind dabei im Gesundheitswesen aber auch in der Kinder- und Altenbetreuung tätig. Sie werden in aller Regel auf der Basis von Arbeitsverträgen beschäftigt. Das kirchliche Arbeitsrecht ist damit ein Teil des staatlichen Arbeitsrechts.

Die Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse in das staatliche Arbeitsrecht hebt deren Zugehörigkeit zu den eigenen Angelegenheiten der Kirche jedoch keinesfalls auf: Diese können der Gestaltung des kirchlichen Dienstes das besondere Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft alleri hrer Mitarbeiter zugrunde legen und ihre Arbeitnehmer zur Beachtung der tragenden Grundsätze der kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre verpflichten (BVerfG vom 04.06.1985, NJW 1986, 367, 368)

Auf der Ebene des Europarechts findet das kirchliche Selbstbestimmungsrecht indes keine vergleichbar umfangreiche Entsprechung. Art. 136 - 140, 142und 143 des EG-Vertrages, die der EG ein umfassendes arbeitsrechtliches Mandat verleihen und die primärrechtlichen Diskriminierungsverbote der Art. 13, 141 des EG-Vertrages haben vielmehr rechtliche Handlungsmöglichkeiten für die EG geschaffen, die auch das Arbeitsrecht der Kirchen erfassen.